Donnerstag, 19. Februar 2015

Danach - alles anders als geplant

Mein erstes Gefühl nach zweistündiger Dauerberieselung durch Pro Sieben (meine junge Bettnachbarin scheint ohne nicht zu können): Erleichterung. Müdigkeit. Leer im Kopf. Euphorie? Wohl weniger. Langsam beginnt die Wunde zu schmerzen, allerdings noch im erträglichen Maß. Die Schwester hat mir dazu geraten, leichten Druck auf den Rücken auszuüben, so sitze ich meist im Bett oder mit dem Stuhl an der Wand.
Langsam, ganz langsam kriechen Gedanken in meinen Kopf, die ich zuvor erfolgreich verdrängt habe. Du hattest schwarzen Hautkrebs. Ob die wirklich alles erwischt haben? Wie wohl mein Blut aussieht - wurden Tumormarker bestimmt? Bin ich jetzt gesund? Ist es jetzt vorbei?
Nein, es scheint jetzt erst loszugehen. Dass mich eine Angst bestimmt, die mir vor der Krankheit unbekannt war, ist mir unheimlich. Ich, die ich mich immer als besonders widerstandsfähig und resilient gefühlt hatte, bin wie "verrückt" im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich erhalte Anrufe und Whatsapp-Nachrichten. Alle freuen sich. "Jetzt ist alles wieder gut, oder? Gott sei Dank, ist es vorbei!" Ist alles wieder gut? Ist es vorbei?
Am Abend kommt mein Mann zu Besuch. Ich kann weinen, die Tränen tun gut. 
Es ist Samstag. Am Wochenende ist nicht viel los im Krankenhaus. Ich habe gut geschlafen, das Frühstück ist lecker und sogar der Kaffee schmeckt. Eine Schwester wechselt meinen Wundverband. "Die weißen Streifen über ihrer Wunde, Steristrips, sind Wundnahtstreifen. Sie fallen von allein ab. Sie haben großes Glück gehabt - kommen Sie bloß regelmäßig zur Nachsorge.", sagt sie, während das riesige Pflaster durch ein halb so großes ersetzt wird. 
Am Montag wird meine Tochter 14 Jahre alt. Ob ich heimlich flüchte, um ihr morgens gratulieren zu können? Mein Mann und ich schmieden einen Plan. Am Sonntag holt er mich ab und ich sage der diensthabenden Schwester, dass ich einen "grooooooßen" Spaziergang mache und sicher am Montag vor dem Frühstück wieder zurück sein werde. Kurz zu Hause zu sein ist einfach großartig. Am Abend sitzen wir alle auf der Couch, essen Chips und gucken irgendeine belanglose Sendung. 
Am Montag Morgen stehe ich ganz früh auf, schmücke den Geburtstagskuchen und mein Mann bastelt die "Zaubertür" aus Zeitungspapier, durch welche die Geburtstagskinder mit großer Freude ihren Geschenken entgegenspringen. Ich bin glücklich, da zu sein. Um viertel vor sieben mache ich mich wieder auf den Weg in die Klinik. Wenn alle Werte in Ordnung sind, soll ich heute auch entlassen werden.

3 Kommentare:

  1. Hallo Chajima, hab Deinen Blog mehrmals durchgelesen.... Wie geht es Dir in der Zwischenzeit ?

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    1. Liebe Carina, ich freue mich, dass du fragst. Eigentlich geht es mir von Tag zu Tag besser. Nach dem Schock der Diagnose und der folgenden OP hat es mir sehr geholfen, diesen Blog zu beginnen. Ich merke, dass meine alte Kraft langsam wiederkehrt - und das ist schon beruhigend. Herzliche Grüße!

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    2. Ich hab Dir auf der Bri geschrieben.... ich konnte leider auch zu diesem Thema was schreiben.Wenn Du Lust hast, kannst ja mal schauen .Grüße Carina

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