Montag, 27. Januar 2020

Vor fünf Jahren....

Ich sitze im Wohnzimmer und stocke. Es ist der 27. Januar - ja natürlich: vor genau fünf Jahren, um viertel nach drei, stand ich im Vernichtungslager Birkenau und wartete wie viele andere Geladene auf die Eröffnung der Feierlichkeiten anlässlich der Befreiung von Auschwitz. Ich war angespannt. Als das Orchester zu spielen begann und gleichzeitig  mein Handy in der Tasche vibrierte, ich die Bochumer Nummer sah, da wusste ich tief im Innern: es wird nichts mehr sein, wie es war. 

Aber hier sitze ich! Im Wohnzimmer. Mit zwei Hunden, die sich an mich kuscheln. Mit einer immer mehr verblassenden Narbe auf dem Rücken. Mit so vielen neuen und wertvollen Freund*innen, die ich ohne Melanom nie kennengelernt hätte. Mit einem riesen Erfahrungsschatz zu meiner Krankheit und dem guten Gefühl, jeden Tag helfen zu können, z.B. Menschen, die gerade erst am Beginn ihrer Melanomreise stehen.

Vor fünf Jahren begann die Reise. Zuerst waren da viele Ungewissheiten und Ängste. Die Sehnsucht nach dem alten, unbeschwerten Leben ohne Schiss vor der Sonne und der UV-Strahlung. Das Verstecken im Schatten und die Panik, wenn's durch die mittägliche Sonne ging und ich nicht eingecremt war.
Und dann die Zeit, als ich aktiv wurde. Erst habe ich den Blog geschrieben, er hat mir geholfen, meine Erlebnisse und Gefühle zu verarbeiten. Als ich dann die Facebookgruppe entdeckte, die damals süße 90 Mitglieder hatte (heute fast 1.600), war mein Weg fast vorgezeichnet.

Wo stehe ich heute?
Ich leite gemeinsam mit einer großartigen Frau und Freundin die größte Online-Community für Hautkrebspatient*innen deutschlandweit. Wir haben einen Verein gegründet: "Melanom Info Deutschland - MID". Durch unserer online-Gruppe haben sich 10 Selbsthilfegruppen vor Ort gebildet, die sich regelmäßig treffen. Wir hatten ein BarCamp zum Thema "Was bewegt Menschen mit Hautkrebs" in Frankfurt und ich werde am Mittwoch zur Nationalen Versorgungskonferenz Hautkrebs (NVKH) fahren und dort gemeinsam mit Herrn Dr. Strömer vom BVDD die Veranstaltung moderieren. Wir haben einen guten Draht zu den führenden Dermato-Onkolog*innen Deutschlands und können uns jederzeit fachlichen Rat holen.

Das Leben mit Melanom hätte ich mir vor fünf Jahren nicht so vorgestellt. Es ist gut, dass es ist, wie es ist.


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